Das Handwerk baut für Gott

Gestern beim Einkaufen bin ich an folgendem Plakat vorbeigestolpert. Mit der Plakataktion soll die Leistung der 5 Millionen Handwerker in Deutschland wieder ins rechte Licht gerückt werden, sagt die Pressemitteilung.

pri1355_Neue Plakatmotive verdeutlichen Bedeutung des Handwerks-Dom

Ohne Wissen über den Hintergrund des Motivs empfand ich den Claim als reichlich großspurig. Auch die Subline trägt dick auf: Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan. Hier hätte ich den recht überflüssigen Punkt weggelassen, auch wenn es gerade hip ist, an allem möglichen und unmöglichen Stellen Punkte zu setzen. Das Motiv ist aufmerksamkeitserregend, die Headline überzeugt zumindest mich nicht.

Lidl erfolgreich mit Quengel-Marketing

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Pro 10,00 Euro Einkauf erhalten Eltern und ihre leicht zu beeinflussenden Sprösslinge eines der begehrten Stikeez, kleine, im Einkauf äußerst günstige Plastikfigürchen, die bei den Kleinen einen wahren Begeisterungsrausch ausgelöst haben. McDonalds ist bereits seit Jahren mit seinem Happy Meal auf Erfolgskurs, die Verbindung von Gimmick & Gewinn scheint zumindest bei den Kleinsten aufzugehen. Ob die zunehmende Beliebtheit bei Grundschülern mit einer abnehmenden Beliebtheit bei Eltern korreliert, wäre interessant zu evaluieren.

Texter-Wissen

An jeder Ecke liest man Ratschläge für gutes Texten. Als Texterin stoßen mir diese Tipps immer wieder übel auf, denn Verallgemeinerungen helfen in einem komplexen Bereich wie der Sprache nur wenig. Regeln ändern sich beständig und guten Geschmack kann man auch nicht lernen.
Wenn ich ein Textregelwerk schreiben müsste, wäre es voller Widersprüche.

Höflichkeit und wie man rotzfrech schreibt.
Orthographie und warum man sie kennen und gelegentlich ignorieren muss.
Kurze Sätze und die Kunst des langen Satzes.
Anglizismen vermeiden und einsetzen.

Mir fällt bestimmt demnächst noch mehr ein…

Sehr geehrte freundliche Grüße

Immer wieder hat man es als Texterin mit dem Thema Brief in seinen verschiedensten Ausprägungen zu tun. Heutzutage stellt sich natürlich die Frage, ob man die sehr geehrte, aber recht angestaubte Floskel auch in ein neudeutsches Mailing oder einen Newsletter packen sollte. Grundsätzlich kann man, bevor man zur bewährten Formel greift, erst einmal überlegen, ob es auch Alternativen gibt.

Etwa so:

Herr Müller,
Hallo Frau Berger,
Guten Tag Herr Müller,
Wie geht es Ihnen, Herr Müller?
Was macht eigentlich Ihr …., Frau Müller?
Hossa Frau Steger, (Bei Schlagerfans)
Halleluja Herr Berger,
Heidewitzka Frau Schneider, (im Rheinland)
Grüezi Herr Beutler, (In der Schweiz)

wir wollten Ihnen mitteilen, dass…

Herzliche, sonnige, frische, schöne, beste Wünsche, Grüße aus dem frühlingshaften, regnerischen, morgenfrischen Schwarzwald, Berlin, Bamberg oder Dresden.

Auf viele etwas persönlicher gehaltene Abschiedsformeln habe ich auch auf Akquise-Mails stante pede eine Antwort erhalten. Etwa, weil es auch in Hamburg 4 Tage geregnet hat oder jemand schon mal im Schwarzwald in Urlaub war. Der altbekannte Rat, den Kunden dort abzuholen, wo er sich befindet, hat sich auch hier bewährt. Mit freundlichen Grüßen wäre das nicht passiert.

Wie Berlin seine Marke zerstört

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Was für Paris der Eifelturm, für London der Big Ben ist für Berlin….die Mauer. Ja, wir haben kein besonders hübsches Wahrzeichen, aber Berlins Geschichte ist eben alles andere als hübsch. Der Todesstreifen, der Ost- von Westberlin trennte, war kein schöner Anblick, damals in den 80ern, als die Mauer noch dicht war. Heute pilgern dort jedes Jahr Tausende von Touristen aus aller Welt hin, um den authentischen Grusel der Teilung selbst zu erleben. Die Eastside Gallery ist kein Museum, das eine Geschichte illustrieren muss, sondern ein geschichtsträchtiger Ort, dessen Anblick viele Erklärungen über das Unrecht der DDR überflüssig macht. Falls Sie sich jetzt fragen, was das Thema in einem Werbeblog zu suchen hat: Auch große Unternehmen beschädigen häufig ihre Marke, das Logo wird durch Überarbeitung unkenntlich, die Produktpalette so weit aufgespreizt, dass der Verbraucher nicht mehr mitkommt, oder gewohnte und beliebte Services werden eingestellt. Und nun auch Berlin. Berlin zerstört die eigene Identität mit der Zerstörung der Mauer, die an Strahlkraft mit dem Brandenburger Tor gleichzusetzen ist. Mal wieder weiß natürlich keiner, wer für diesen Akt der Dummheit verantwortlich ist. Angeblich hat der Herr Finanzsenator Nußbaum die Bemühungen des Bezirks Berlin-Friedrichshain vereitelt, den Bauherren ein Alternativ-Grundstück anzubieten. Jetzt sollen auf dem ehemaligen Todesstreifen ein Hochhaus mit Eigentumswohnungen und ein Hotel entstehen. Zwei Mauerdurchbrüche werden dafür angeblich nötig. Es ist kaum davon auszugehen, dass 100.000ende Touristen deshalb diese Stadt besuchen, deren einträglichste Einnahmequelle der Tourismus ist. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die neuen Bewohner die ersten Lärmbelästigungsklagen gegen die am Spreeufer angesiedelten Clubs anstrengen.